Die Jury traf ihre Entscheidung: Verleihung des Ulrich-Grasnick-Lyrikpreises 2020 Das Thema des diesjährigen Wettbewerbs »Saatkorn sein. Zwischen Mühlsteinen« zielte auf Selbstwahrnehmung, Wahrnehmung der Zeit, in der wir heute leben. 220 Autorinnen und Autoren beteiligten sich an der Ausschreibung mit jeweils zwei Gedichten. Darunter sind Zuschriften aus Österreich und der Schweiz.Der 250. Geburtstag von Friedrich Hölderlin war ein schöner Anlass, die Bedeutung einer Gedichtzeile des Preisgebers Ulrich Grasnick für die Gegenwart auszuloten und zugleich Beweggrund, den Dichter Hölderlin literarisch neu zu entdecken.„221 Autorinnen und Autoren haben sich an der Ausschreibung 2020 beteiligt. Das Thema bezog sich auf eine Verszeile aus meinem (nebenstehenden) Gedicht zu Friedrich Hölderlin: Saatkorn sein. Zwischen Mühlsteinen. Der Zeitpunkt meiner Ausschreibung fiel mit der weltweiten Ausbreitung des Corona-Virus zusammen. Und das benannte Motto der Ausschreibung "Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch" aus Hölderlins Patmos-Hymne war durchaus auch ein Aufbruch für eine Vielzahl der eingereichten 442 Gedichte.Wir danken allen für die Teilnahme am Lyrikwettbewerb, für das breite Echo auf die Ausschreibung. »Für Preisverleihung und Lesung der Preisträger und weiterer Autorinnen und Autoren wünsche ich mir Hölderlins Zuruf „So komm! daß wir das Offene schauen, / daß ein Eigenes wir suchen, so weit es auch ist.«Ulrich GrasnickPreisträger des Jahres 2020 sind •Dorothee Krämer (Erster Preis) aus Bad Essen •Andreas Lehmann (Zweiter Preis) aus Leipzig.
Verband deutschen Schriftsstellerinnen und Schriftsteller in ver.di
„Monsieur, Sie schreiben über Hölderlins Krankheit, aber Sie kennen doch jenes Buch, in dem behauptet wird, Hölderlin hätte seine Krankheit nur vorgetäuscht.“
Die Entscheidung der Jury begründete York Freitag u.a. mit den Worten:»DieÜberschrift„baden“desprämiertenGedichtsvonDorotheeKrämerschreibtnichtsfest:„baden“eröffneteinbreites Assoziationsspektrum.Einsteigendmit„amufer“,gibtdie AutorineineklareLesrichtungan.MitdemBild„ufer“alsScheidezwischen „wasser“,„wässrig“aufdereinen,„handtuch“,„sand“aufderanderenSeitetastetessichvorzudem,wovonHölderlinsHymne„Patmos“ gleichzuAnfangkündet:„WoaberGefahrist,wächst/DasRettendeauch.“DerAusgangistoffen.DenBadendenkannUnheiloder ebenRettungereilen:der(suizidale)Gangins Wasser–vulgo:„baden“gehen–respektivedasBadinderDünungdes(ewigen)Lebens. Beides vereint in Hölderlin: diesem unrettbar Geretteten.DieStärkedesGedichts„keinmanifest“von AndreasLehmanistseine Ambivalenz.Hinzukommtdiemitihrzugleichherausgearbeitete, ihrimmanenteAnnäherunganMottound ThemaderAusschreibungimHölderlin-Jahr:Derjenige,dernichtmehrexistentwar,weil nicht mehr existent sein sollte, unermüdlich in seinem Schöpferzwang.«Zur unabhängigen Jury gehörten: York Freitag (Vorsitz), Kathrin B. Külow (Preisträgerin 2019), Katharina Körting, Michael Manzek, Dr. Martin A. Völkerund Jörg Wiedemann.Preisverleihung Feierliche Verleihung und öffentliche Lesung finden am 29.10.2021 statt. Die Einladungen erfolgen zeitnah.Informationen zum Lyrikpreis sind auch hier zu sehen:
badenam ufer stehst dumit einem handtuch im armdarin hast du die verletzungenund beleidigungen eingeschlagendu legst es in den körnigen sandsteigst ins wasser in deiner hautfehlen stücke mosaike füllen sichwässrig ziehen sich zusammendu schwimmst wie ein krokodilmit deinem panzerrücken knappunter der oberflächesuchst du das lebendein leben liegt da im sandneben einem sandkorn dasblendetDorothee Krämer (Preisträger 2020, 1. Preis)
kein Manifestwenn ihr uns forscher nennen wolltso tut es ruhigin wahrheit aber reisen wirvon einem nichts ins nächste. was gestern wirnicht wussten, fälltuns morgen auch nicht einwo stunde sich an stunde reibtdort sammeln wir die späneund bauen uns aus augenblickeneine weltzum spiel:wir haben das glückaus archiven geklaut. wir blasen den staubvon den tagenund halten sieins lichtAndreas Lehmann (Preisträger 2020, 2. Preis)
„Monsieur, Sie schreiben über Hölderlins Krankheit, aber Sie kennen doch jenes Buch, in dem behauptet wird, Hölderlin hätte seine Krankheit nur vorgetäuscht.“
Das Thema des diesjährigen Wettbewerbs »Saatkorn sein. Zwischen Mühlsteinen« zielte auf Selbstwahr-nehmung, Wahrnehmung der Zeit, in der wir heute leben. 220 Autorinnen und Autoren beteiligten sich an der Ausschreibung mit jeweils zwei Gedichten. Darunter sind Zuschriften aus Österreich und der Schweiz.Der 250. Geburtstag von Friedrich Hölderlin war ein schöner Anlass, die Bedeutung einer Gedichtzeile des Preisgebers Ulrich Grasnick für die Gegenwart auszu-loten und zugleich Beweggrund, den Dichter Hölderlin literarisch neu zu entdecken.„221 Autorinnen und Autoren haben sich an der Aus-schreibung 2020 beteiligt. Das Thema bezog sich auf eine Verszeile aus meinem (nebenstehenden) Gedicht zu Friedrich Hölderlin: Saatkorn sein. Zwischen Mühlsteinen.
Die Entscheidung der Jury begründete York Freitag u.a. mit den Worten:»DieÜberschrift„baden“desprämiertenGedichtsvonDorotheeKrämer schreibtnichtsfest:„baden“eröffneteinbreitesAssoziationsspektrum. Einsteigendmit„amufer“,gibtdieAutorineineklareLesrichtungan.Mit demBild„ufer“alsScheidezwischen„wasser“,„wässrig“aufdereinen, „handtuch“,„sand“aufderanderenSeitetastetessichvorzudem,wovon HölderlinsHymne„Patmos“gleichzuAnfangkündet:„WoaberGefahrist, wächst/DasRettendeauch.“DerAusgangistoffen.DenBadendenkann UnheiloderebenRettungereilen:der(suizidale)Gangins Wasser–vulgo: „baden“gehen–respektivedasBadinderDünungdes(ewigen)Lebens. Beides vereint in Hölderlin: diesem unrettbar Geretteten.DieStärkedesGedichts„keinmanifest“vonAndreasLehmanistseine Ambivalenz.Hinzukommtdiemitihrzugleichherausgearbeitete,ihr immanenteAnnäherunganMottoundThemaderAusschreibungim Hölderlin-Jahr:Derjenige,dernichtmehrexistentwar,weilnichtmehr existent sein sollte, unermüdlich in seinem Schöpferzwang.«Zur unabhängigen Jury gehörten: York Freitag (Vorsitz), Kathrin B. Külow (Preisträgerin 2019), Katharina Körting, Michael Manzek, Dr. Martin A. Völker und Jörg Wiedemann.
Preisverleihung
Feierliche Verleihung und öffentliche Lesung finden am 29.10.2021 statt. Die Einladungen erfolgen zeitnah.
Der Zeitpunkt meiner Ausschreibung fiel mit der weltweiten Ausbreitung des Corona-Virus zusammen. Und das benannte Motto der Ausschreibung "Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch" aus Hölderlins Patmos-Hymne war durchaus auch ein Aufbruch für eine Vielzahl der eingereichten 442 Gedichte.Wir danken allen für die Teilnahme am Lyrikwettbewerb, für das breite Echo auf die Ausschreibung. » Für Preisverleihung und Lesung der Preisträger und weiterer Autorinnen und Autoren wünsche ich mir Hölderlins Zuruf „So komm! daß wir das Offene schauen, / daß ein Eigenes wir suchen, so weit es auch ist.« Ulrich Grasnick
badenam ufer stehst dumit einem handtuch im armdarin hast du die verletzungenund beleidigungen eingeschlagendu legst es in den körnigen sandsteigst ins wasser in deiner hautfehlen stücke mosaike füllen sichwässrig ziehen sich zusammendu schwimmst wie ein krokodilmit deinem panzerrücken knappunter der oberflächesuchst du das lebendein leben liegt da im sandneben einem sandkorn dasblendetDorothee Krämer(Preisträger 2020, 1. Preis)
kein Manifestwenn ihr uns forscher nennen wolltso tut es ruhigin wahrheit aber reisen wirvon einem nichts ins nächste. was gestern wirnicht wussten, fälltuns morgen auch nicht einwo stunde sich an stunde reibtdort sammeln wir die späneund bauen uns aus augenblickeneine weltzum spiel:wir haben das glückaus archiven geklaut. wir blasen den staubvon den tagenund halten sieins lichtAndreas Lehmann (Preisträger 2020, 2. Preis)